Speiseplan für eine zukunftsfähige Erde

06.03.2023. Verbraucher*innen setzen verstärkt auf Nachhaltigkeit. Laut Trendreport Ernährung 2023) steht eine klimafreundliche, nachhaltige sowie pflanzenbetonte Ernährung ganz oben auf der Agenda. Eine Ernährungsweise, die gleichermaßen gut für den Planeten als auch gesund für die Menschen ist sowie die wachsende Weltbevölkerung satt macht, hat die EAT-Lancet-Kommission mit der „Planetary Health Diet“ entwickelt. Um die Ziele bis 2050 umzusetzen, ist eine zügige und weltweite Umsetzung der Vorschläge nötig.

Der Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt sind weltweit zu beobachten. Dabei ist laut Expert*innen die globale Lebensmittelproduktion der größte Einzelfaktor, der Ressourcenverbrauch und Umweltzerstörung beschleunigt. Die Landwirtschaft nutzt 40 Prozent der Landflächen. Bei der Lebensmittelproduktion entstehen 30 Prozent der Treibhausgasemissionen und es werden 70 Prozent des Frischwassers verbraucht. Demgegenüber gibt es die Folgen von Fehl- und Mangelernährung: Zum einen leiden weltweit über 820 Millionen Menschen an Hunger. Auf der anderen Seite sind über zwei Milliarden Menschen übergewichtig oder adipös. Dadurch zählen auch Krankheiten wie Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs zu den häufigsten Todesursachen.

Welche Maßnahmen nötig sind, um bis zum Jahr 2050 die geschätzten 10 Milliarden Menschen gesund zu ernähren, ohne die Erde auszubeuten, zeigt der Bericht der EAT-Lancet-Kommission aus dem Jahr 2019. Die EAT-Lancet-Kommission besteht aus 37 Wissenschaftlern aus 16 Ländern und unterschiedlichen Forschungsbereichen, wie Ernährung, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Das Ziel der Kommission ist es, eine wissenschaftliche Grundlage für den Wandel der weltweiten Ernährungssysteme zu schaffen. Das Ergebnis der Analysen zeigt deutlich, dass nur durch eine globale Umstellung auf eine nachhaltige Ernährungsweise die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen sind.

Konkrete Empfehlungen, wie eine nachhaltige Ernährungsweise aussieht, gibt die EAT-Lancet-Kommission in der „Planetary Health Diet“, die durch ihre Lebensmittelauswahl sowohl die Gesundheit der Menschen fördert als auch die begrenzten Ressourcen der Erde berücksichtigt. Geschätzte elf Millionen vorzeitige Todesfälle durch ernährungs(mit)bedingte Krankheiten ließen sich laut Wissenschaftler*innen durch diese Ernährungsweise verhindern.

Der beispielhafte Speiseplan legt eine tägliche Aufnahme von 2500 Kilokalorien zugrunde. Bevorzugt werden pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und ungesättigte Pflanzenöle. Ergänzend sind kleine Mengen an Fisch und Geflügel vorgesehen. Die Mengen an stärkehaltigem Gemüse wie Kartoffeln oder zugesetzter Zucker, rotes Fleisch, Milchprodukte und Ei sollten möglichst gering sein. Um die Planetary Health Diet für jede individuelle Vorliebe und Kultur zu ermöglichen, gibt es bei den meisten Lebensmitteln eine Spanne in der Mengenangabe. Bei genauer Betrachtung ähnelt der Speiseplan vor allem der Ernährung von Flexitariern, da er rotes Fleisch von Rind oder Schwein nur alle zwei Wochen vorsieht oder alle vier bis fünf Tage ein Ei. Eine flexitarische Ernährungsweise ist gekennzeichnet durch eine ausgewogene pflanzenbetonte Lebensmittelauswahl, bei der selten Fleisch und Fisch von hoher Qualität verzehrt wird.

Lebensmittel-Zusammenstellung der „Planetary Health Diet“

Lebensmittelgruppe

Empfohlene Menge pro Tag in Gramm

Energieaufnahme pro Tag in kcal

Kohlenhydrate

Vollkorngetreide

232

811

Stärkehaltiges Gemüse (Kartoffeln, Maniok)

50 (0-100*)

39

Gemüse

300 (200-600)

78

Obst

200 (100-300)

126

Proteinquellen

Rind-, Lamm- oder Schweinefleisch

14 (0-28)

30

Geflügel

29 (0-58)

62

Eier

13 (0-25)

19

Fisch

28 (0-100)

40

Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Erbsen, Sojaprodukte, Erdnüsse)

100 (0-225)

426

Nüsse

25

149

Milchprodukte (Vollmilch oder aus dieser Menge hergestellte Produkte)

250 (0-500)

153

Fette

ungesättigte Fette (Oliven-, Raps-, Sonnenblumen-, Soja-, Erdnuss-, Traubenkernöl)

40 (20-80)

354

gesättigte Fette (Palmöl, Schmalz, Talg)

11,8 (0-11,8)

96

zugesetzter Zucker

alle Süßungsmittel

31 (0-31)

120

Quelle: EAT-Lancet-Kommission

 

Nötige Veränderungen

Bei einer globalen Umsetzung der „Planetary Health Diet“ müsste sich der Anteil an Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen auf dem Teller verdoppeln, demgegenüber müsste sich der Verzehr von rotem Fleisch und Zucker halbieren. Konkret bedeutet dies, dass die deutschen Verbraucher*innen sich mit einem Viertel der täglichen durchschnittlichen Fleischmenge von 150 Gramm pro Person zufriedengeben müssten (2021). Auch in anderen Ländern wäre eine teilweise radikale Änderung der Ernährungsgewohnheiten nötig. Da der vorgestellte Speiseplan als Orientierung mit einer einkalkulierten Schwankungsbreite für verschiedene Lebensmittel und die Energiezufuhr gedacht ist, kann innerhalb der vorgegebenen Empfehlungen jeder individuell seine Speisen zusammenstellen.

Neben einer Ernährungsumstellung der Weltbevölkerung fordern die Wissenschaftler als zweite wichtige Maßnahme, die Lebensmittelproduktion bis zum Jahr 2050 nachhaltig zu gestalten. Um unseren Planeten zu erhalten, errechnete die EAT-Lancet-Kommission genaue Grenzen und Ziele, unter anderem für die Flächennutzung, CO2-Emissionen, Erhaltung der Artenvielfalt und dem Umgang mit den Wasserressourcen. Diese Modelle sind allerdings fortlaufend der aktuellen Situation anzupassen. Eine weitere Forderung ist die Halbierung der Lebensmittelabfälle, sowohl in der Produktion als auch durch die Verbraucher*innen, um keine Rohstoffe zu verschwenden.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) stellt in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2022 die vorgeschlagenen Lebensmittelmengen der Planetary Health Diet den lebensmittelbezogenen eigenen Ernährungsempfehlungen gegenüber und vergleicht sie mit Verzehrdaten aus Deutschland. Hierbei zeigt sich eine breite Übereinstimmung beider Ernährungsempfehlungen als pflanzenbetonte Ernährungsweisen. Vor allem bei Milch und Milchprodukten zeigen sich Unterschiede: Hier liegen die Empfehlungen der DGE deutlich über denen der Planetary Health Diet. Auch die den Empfehlungen zugrundeliegende Energiezufuhr variiert: Bei der Planetary Health Diet wird pauschal mit 2500 kcal gerechnet, bei den DGE-Empfehlungen mit variablen 1600 bis 2400 kcal – mit Berücksichtigung von Alter und Geschlecht. Die praktische Umsetzung der Planetary Health Diet unter Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten sieht die DGE in ihren Empfehlungen als gegeben an.

Die Empfehlungen der Vollwert-Ernährung basieren seit über 40 Jahren auf einer überwiegend pflanzlichen, möglichst wenig verarbeiteten und ökologisch erzeugten Kost. Den Hauptanteil machen frische und pflanzliche Lebensmittel aus, tierische Produkte sollen nur in Maßen auf den Tisch kommen. Diese Empfehlungen werden durch die Berechnungen der EAT-Lancet-Kommission durchweg bestätigt. Allerdings ist die Ernährungswirklichkeit in Deutschland im Vergleich zu den drei vorgestellten Ernährungsempfehlungen noch weit von einer entsprechenden Umsetzung entfernt.

Unabhängig von politischen und landwirtschaftlichen Entscheidungen kann jeder Mensch selbst etwas dazu beitragen, die Ressourcen der Erde zu schonen. Eine Möglichkeit besteht in der Reduzierung des eigenen Fleischkonsums.

Zügige Umsetzung nötig

Die Forschungsergebnisse der EAT-Lancet-Kommission sind nicht neu. Sie zeigen aber auf wissenschaftlicher Grundlage, wie wir gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelerzeugung global umsetzen können, um unseren Planeten für nachfolgende Generationen lebenswert zu erhalten. Um bis zum Jahr 2050 circa zehn Milliarden Menschen gesund und nachhaltig zu ernähren, ist es notwendig, die Vorschläge schnellstmöglich und weltweit von den Akteuren auf Ebene der Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verbraucher*innen in konkrete Maßnahmen umzusetzen.

Die Bundesregierung arbeitet aktuell zusammen mit einer Vielzahl von Akteuren an einer Ernährungsstrategie, die bis Ende 2023 vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Das im Koalitionsvertrag genannte Ziel ist „insbesondere mit Blick auf Kinder (…) eine gesunde Umgebung für Ernährung und Bewegung zu schaffen“. Die Ernährungsstrategie soll auf mehrere Phasen bis 2050 angelegt sein. Unter den Kernpunkten findet sich unter anderem die Förderung einer pflanzenbetonten Ernährung unter Berücksichtigung ressourcen- und klimaschonender Aspekte.