60 Jahre im Namen der Verbraucher

04.12.2024. Am 4. Dezember 1964 wurde die Stiftung Warentest gegründet. Sie soll „Untersuchungen an miteinander vergleichbaren Waren und Leistungen nach wissenschaftlich gesicherten Methoden“ vornehmen. Im März 1966 erscheint dann die erste Zeitschriften-Ausgabe mit Tests von Nähmaschinen und Stabmixern. 60 Jahre später ist die Stiftung Warentest eine Institution: Fast jeder Deutsche kennt sie, Viele vertrauen ihr. Sieben Fragen an Stiftungs-Vorständin Julia Bönisch.

Gibt es irgend­ein Produkt, dass die Stiftung Warentest in den vergangenen 60 Jahren nicht getestet hat? Soweit ich weiß, haben wir sogar mal Autos getestet. Einige bei uns würden gern mal Fertighäuser testen. Das ist ein Produkt, für das entscheidet man sich in der Regel nur einmal im Leben. Es ist aber leider ein biss­chen zu kost­spielig. Wir kaufen ja selbst und anonym im Handel ein. Dass wir mehrere Fertighäuser erwerben, wäre ein biss­chen zu viel des Guten. Natürlich haben wir auch noch nie Dinge getestet, die wir grund­sätzlich nicht empfehlen würden, weil sie Verbrauche­rinnen und Verbrauchern schaden. Zum Beispiel Waffen.

Tests der Stiftung Warentest sind enorm aufwendig, haben Sie ein Beispiel? Mein Lieblings­beispiel ist der Test von Wasch­pulver. Eigentlich ein Produkt, das gar nicht teuer ist. Welchen Aufwand wir da betreiben, das ist Wahn­sinn. Wir verteilen an 57 ausgewählte Haushalte Wäschepakete. Darin sind weiße Hemden, weiße T-Shirts oder bestimmte Formen von Hand­tüchern. Wir lassen die Haushalte die Wäsche benutzen und sammeln sie dann dreckig wieder ein. Anschließend waschen wir sie mit dem von uns anonym im Handel erstandenen Wasch­pulver. Das machen wir nicht nur einmal, das machen wir 17 Mal. Zusätzlich zu diesen Haushalten versehen unsere Expertinnen und Experten bestimmte Stoffe nochmal mit mehr als 10 000 verschiedenen Flecken­arten, die wir dann auch wieder waschen. Auf diese Art und Weise kommen etwa 1,8 Tonnen dreckige Wäsche zusammen, die wir unter­suchen. So testet nur die Stiftung Warentest.

Was ist der Sinn dieser Testerei? Uns gibt es, weil wir das Leben für die Menschen besser machen möchten. Es wäre ein unfass­barer Aufwand, wenn jeder selbst recherchieren müsste. Das ist ein Service für die Verbrauche­rinnen und Verbraucher, die sonst den Werbe­botschaften der Unternehmen etwas hilf­los ausgeliefert wären. Mein Lieblings­beispiel ist immer noch der Joghurt, der so wert­voll ist wie ein kleines Steak. Welche Möglich­keiten haben Sie denn jetzt privat, das zu unter­suchen? Also kommen wir von der Stiftung Warentest und knöpfen uns das mal vor. Wir können Ihnen dann sagen, ob das wirk­lich stimmt oder nicht. Sie können mit unserer Hilfe Geld sparen, Sie können besser und gesünder essen, weil Sie mit unserer Hilfe erfahren, in welchen Lebens­mitteln vielleicht Schad­stoffe enthalten sind und dadurch leisten wir echte Lebens­hilfe.

Sind Sie ein Spiegel der Konsumgesell­schaft? Ja, das kann man schon so sagen. Wenn man sich anguckt, was wir vor 60 Jahren getestet haben und was wir heute testen, da gibt es schon noch Parallelen wie die Nähmaschinen, die bereits im ersten test-Heft waren. Aber einige Dinge, die wir heute prüfen, gab es damals noch nicht, wie z.B. Smartphones oder bestimmte Apps.

Die Menschen vertrauen Ihnen, weil Sie unabhängig und penibel sind: Machen Sie auch mal Fehler? Auch wir sind davon nicht frei. Aber wir haben einen besonders hohen Anspruch an uns, wie wir dann mit solchen Fehlern umgehen. Wir sind immer trans­parent. Wir korrigieren sofort die Ergeb­nisse. Uns ist bewusst, dass das Vertrauen, das die Verbrauche­rinnen und Verbraucher in uns setzen, das Wert­vollste ist, was wir haben. Deswegen legen wir viel Wert darauf, wenig Fehler zu machen und wenn sie dann passieren, sicher­zustellen, dass es nicht nochmal vorkommt.

Wie mächtig ist die Stiftung Warentest? In bestimmten Bereichen haben wir durch­aus eine gewisse Macht. Wir beein­flussen mit unseren Test­ergeb­nissen Märkte. Wenn wir hier auf die heimischen Märkte gucken, dann können wir tatsäch­lich beein­flussen, wie Verbrauche­rinnen und Verbraucher einkaufen. Das hat dann auch eine unmittel­bare Auswirkung auf den Umsatz. Wir sind uns dieser Macht bewusst und gehen sehr verantwortungs­voll damit um. Man darf es sich nicht so vorstellen, dass wir hier jubelnd durch die Gänge hüpfen, wenn wir mal ein Mangelhaft vergeben. Wir wissen, dass wir eine große Verantwortung tragen, deswegen gehen solche Produkte alle in Nachtests, um auch sicher­zustellen, dass das kein Fehler ist.

Wie groß ist ihre Rechts­abteilung? Wir haben einen Justiziar. Der hat noch eine Referendarin und eine Assistentin. Das wars. Aber wir arbeiten natürlich mit externen Kanzleien zusammen, weil es in der Tat so ist, dass viele Hersteller nicht begeistert sind, wenn sie ein Befriedigend oder schlechter von uns kassieren. Da bekommen wir auch regel­mäßig Post, die nicht so freundlich ist. Wir können aber in der Regel sehr gut erklären, wie wir gearbeitet haben und wie wir zu unseren Urteilen kommen. Deswegen treffen wir uns nur sehr selten vor Gericht.