Vitamin B12: Bei Mangel helfen diese Präparate

30.01.2023. Ein Vitamin B12-Mangel kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen wie Nervenschäden nach sich ziehen. Doch woran erkennt man eigentlich einen Vitamin B12-Mangel? Wer sollte Vitamin B12 supplementieren und welche Präparate sind empfehlenswert? Das Verbrauchermagazin ÖKO-TEST klärt auf. 

Ein Vitamin macht Karriere: Da immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum reduzieren oder sich pflanzenbasiert ernähren, boomt der Markt für Vitamin-B12-Präparate. Denn Cobalamin – so der wissenschaftliche Name – steckt fast nur in tierischen Lebensmitteln. Da aber der Körper bis auf wenige Ausnahmen Vitamine nicht selbst bilden kann, ist er auch bei B12 auf die Zufuhr durch die Nahrung angewiesen.

Aber wie viel Vitamin B12 brauchen wir eigentlich? Der Schätzwert für Jugendliche und Erwachsene liegt bei vier Mikrogramm (μg) pro Tag, für Schwangere bei 4,5 μg und für Stillende bei 5,5 μg. So verschwindend gering diese Menge ist, so gravierend können die Folgen sein, wenn der Körper das Vitamin auf Dauer nicht ausreichend bekommt.

B12 spielt eine wichtige Rolle bei der Zellteilung und für die Funktion des Nervensystems. Es wirkt zusammen mit Folsäure und fördert den Reifungsprozess roter Blutkörperchen im Knochenmark.

Vitamin B12 reichert sich fast nur in tierischen Lebensmitteln an. Besonders ergiebige Quellen sind:

  • Eier
  • Fleisch
  • Leber
  • Hering
  • Milchprodukte

Geringe Mengen kommen auch in vergorenen Lebensmitteln wie Sauerkraut oder fermentiertem Soja vor.

Vitamin B12-Mangel: Was sind die Symptome?

Ein Mangel daran kann zu Blutarmut mit Blässe und Müdigkeit führen, zu Konzentrations- und Muskelschwäche, depressiven Verstimmungen, Haut- oder Schleimhautentzündungen sowie Kopfschmerzen oder Migräne. Schlimmstenfalls verändern sich die roten Blutkörperchen, und es kommt zu irreparablen Schäden des Nervensystems.

Das klingt erst einmal furchterregend, zumal sich wahrscheinlich die meisten von uns hin und wieder abgespannt fühlen, Kopfschmerzen haben oder ihnen morgens im Spiegel ein fahles Gesicht entgegengähnt. Deshalb an dieser Stelle ausdrückliche Entwarnung: Wer gesund ist und nicht komplett auf tierische Lebensmittel verzichtet, ist in aller Regel ausreichend mit B12 versorgt und hat keinen Grund, vorsichtshalber wahllos Nahrungsergänzungen mit Vitamin B12 zu schlucken.

Wer komplett auf Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier verzichtet und B12 nicht substituiert, "hat ein hohes Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel", sagt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). "Vegan lebende Personen sollten daher unbedingt und dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen."

Auch Vegetarier und Vegetarierinnen, vor allem solche mit erhöhtem Bedarf wie Schwangere und Stillende, sollten auf eine ausreichende B12-Zufuhr achten und das Vitamin gegebenenfalls supplementieren.

Darüber hinaus gehören zur Risikogruppe auch Menschen mit bestimmten Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, beispielsweise entzündlichen Veränderungen der Magenschleimhaut (atrophische Gastritis) oder chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Sie verhindern, dass der Körper das Vitamin B12 ausreichend aus der Nahrung aufnimmt. Gefährdet sind außerdem Senioren, Personen, die regelmäßig Medikamente gegen Diabetes oder zu viel Magensäure einnehmen sowie Alkoholiker. 

Wie erkennt man einen Vitamin B12-Mangel? 

Um einen Mangel an Vitamin B12 sicher festzustellen, reicht es nicht aus, den Gesamt-Vitamin-B12-Spiegel im Serum zu bestimmen. Der Grund: Die B12-Speicher in der Leber reichen für etwa zwei bis fünf Jahre und halten den B12-Spiegel im Blut auch bei unzureichender Zufuhr eine Zeit lang konstant. Erst wenn die erschöpft sind, macht sich ein Mangel auch dort bemerkbar. Ein Bluttest spiegelt die B12-Versorgung daher nicht aussagekräftig wider.

Der Referenzbereich für Erwachsene liegt laborabhängig zwischen 200 und 1.000 Nanogramm pro Liter (ng/l). "Ziemlich sicher liegt ein B12-Mangel bei Werten unter 200 ng/l vor", erläutert Walter Paulus vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN).

Umgekehrt sei man erst bei deutlich über 400 ng/l auf der sicheren Seite. "Doch im Graubereich zwischen 200 und 400 ng/l wiegt man sich in falscher Sicherheit." In dem Fall sei es angezeigt, das Holotranscobalamin (Holo-TC) zu bestimmen – die aktive Form von B12. "Dieser Indikator ist aussagekräftiger", so Paulus, die Bestimmung allerdings teurer als die routinemäßige Labordiagnostik.

Ein niedriges Holo-TC im Blut ist jedoch ein erster Hinweis auf entleerte B12-Speicher. Zusätzlich sollten daher zwei weitere Marker bestimmt werden: Methylmalonsäure (MMA) oder Homocystein. Erhöhte Werte im Zusammenhang mit Holo-TC sind Anzeichen eines B12-Mangels. Wobei Homocystein nicht B12-spezifisch ist, sondern auch auf einen Folsäure- oder Vitamin-B6-Mangel deuten kann.

Vitamin-B12-Präparate im Test: Neun sind Testsieger 

Gute Nachrichten für alle, die Vitamin B12 supplementieren sollten: Drei Vitamin B12-Präparate schneiden in unserem Test mit Bestnote ab, sechs weitere sind immerhin "gut". Getestet haben wir insgesamt 29 Produkte. Konkret:

  • Drei rezeptfreie und apothekenpflichtige sowie ein frei verkäufliches traditionelles Arzneimittel.
  • Bei einem weiteren Produkt – den Vitamin B12 Loges 1.000 μg Kapseln – handelt es sich um ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Diese sind für Menschen entwickelt, deren Nährstoffbedarf sich aufgrund bestimmter Erkrankungen, Störungen oder spezifischer Beschwerden nicht durch den Verzehr normaler Lebensmittel decken lässt.
  • Außerdem: 24 Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Vitamin B12, die wir in Drogeriemärkten, im Reformhaus und bei diversen Handelsketten eingekauft haben.

 

Vitamin B12: Präparate erzielen gute Erfolge bei Mangel 

Wichtig: Die Präparate sollten den 'Risikogruppen' vorbehalten sein und nur "bei Nachweis oder dem begründeten Verdacht eines Mangels" eingenommen werden, betont unser Berater, der pharmazeutische Chemiker Professor Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Liege den Krankheitssymptomen allerdings tatsächlich ein B12-Mangel zugrunde, ergänzt Walter Paulus, emeritierter Professor für klinische Neurophysiologie, "lassen sich durch die entsprechende Gabe des Vitamins sehr gute Erfolge erzielen". Sogar der Teil einer Demenz, der auf B12-Mangel zurückzuführen ist, könne sich in dem Fall zurückbilden. "Insofern ist ein Vitamin-B12-Mangel eine der dankbarsten neurologischen Erkrankungen", so Paulus.

Nahrungsergänzungsmittel unter Umständen nützlich

Weil ein Vitamin B12-Mangel schwerwiegende gesundheitliche Folgen wie Nervenschäden nach sich ziehen kann, werten wir die Nahrungsergänzungsmittel im Test nicht in Bausch und Bogen als überflüssig ab. Sie tragen zur B12-Versorgung gesunder Menschen bei, die das Vitamin nicht in ausreichendem Maß über ihr Essen aufnehmen.

Fünf dieser B12-Nahrungsergänzungsmittel können wir empfehlen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät Veganern, "unbedingt und dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einzunehmen". Dennoch heißen wir die Nahrungsergänzungen nicht pauschal gut.

Etlichen fehlt der Hinweis auf den besonderen Ernährungsstil, der die Einnahme von B12 notwendig macht. Das bemängeln wir. Denn wer gesund ist und tierische Lebensmittel zu sich nimmt, braucht keine B12-Präparate. Weder gegen "Müdigkeit und Erschöpfung", wie etliche Anbieter suggerieren, noch "um Energie und Leistungsfähigkeit im Alltag" sicherzustellen.

Viele Nahrungsergänzungsmittel sind überdosiert 

Auffällig: Die meisten Nahrungsergänzungsmittel im Test enthalten mehr als 25 Mikrogramm (μg) Vitamin B12 pro empfohlener Tagesdosis und sind damit aus unserer Sicht – teils extrem – überdosiert. Wir orientieren uns dabei an den Höchstmengenvorschlägen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

Viel hilft nicht viel. Im Gegenteil: Der Körper kann Vitamin B12 auch in sehr hohen Dosierungen nur geringfügig aufnehmen. Den Rest scheidet er aus – und produziert daraus sozusagen jede Menge teuren Urin.

Ungeachtet dessen preisen etliche Anbieter ihre B12-Präparate unbeirrt als "hoch dosiert" an. Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) müsse daher sogar eine "mögliche Irreführung des Verbrauchers diskutiert werden".  Übrigens: In drei Nahrungsergänzungen weichen die im Labor gemessenen B12-Gehalte aus unserer Sicht zu stark von den deklarierten ab.  

Wirksamkeit von Arzneimitteln belegt 

Die Wirksamkeit von drei apothekenpflichtigen Arzneimitteln sowie der Vitamin-B12-Kapseln eines Anbieters im Test ist ausreichend belegt: Sie werden bei einem Vitamin-B12-Mangel eingesetzt oder um diesem vorzubeugen.

Das kann bei einer unzureichenden B12-Zufuhr der Fall sein, etwa durch vegane Ernährung oder bei bestimmten Erkrankungen des Magen-Darm -Trakts, die dazu führen, dass der Körper Vitamin B12 aus der Nahrung nicht oder nur unzureichend aufnimmt.

Ein Mangel macht sich meist erst nach Jahren bemerkbar, da sich die B12-Speicher, vor allem in der Leber, nur langsam leeren. Die Diagnose und Behandlung eines Mangels sowie die Dosierung der Mittel gehören daher in die Hände einer Ärztin oder eines Arztes.

Umstrittene Hilfs- und Zusatzstoffe in Vitamin-B12-Präparaten

Was ist ansonsten im Test der Vitamin-B12-Präparate aufgefallen? Zwei Arzneimittel enthalten Titandioxid. Als Lebensmittelzusatzstoff E 171 ist das Weißpigment in der EU seit August 2022 verboten, da es in Verdacht geraten ist, das Erbgut zu schädigen. In Arzneimitteln dagegen bleibt es vorläufig erlaubt – aus Angst vor Versorgungsengpässen. Wir werten Titandioxid ab, da es Beispiele gibt, die zeigen, dass Arzneimittelhersteller auf den umstrittenen Hilfsstoff verzichten können, ohne Zulassungs- oder Wirksamkeitsstudien zu riskieren.

In einem Vitamin-B12-Präparat ist das von uns beauftragte Labor auf das vermutlich hormonwirksame Konservierungsmittel Propylparaben gestoßen. In sieben Nahrungsergänzungsmitteln werten wir umstrittene Zusätze ab: das Verdickungsmittel Carboxymethylcellulose, das in Tierstudien zu entzündlichen Veränderungen der Darmflora geführt hat, sowie bestimmte Phosphate, die problematisch für Nierenkranke sind, aber auch Gesunde unnötig belasten.