Vom Holz zum Papier

Weltweit gesehen landet etwa jeder fünfte gefällte Baum in der Papierindustrie. In Deutschland wird für die Herstellung von Papier zum großen Teil Holz verwendet, das bei der Pflege der bewirtschafteten Wälder anfällt und außerdem Holz, das aus Resten von Sägewerken stammt bzw. dort nicht verarbeitet werden kann. Dieses Holz macht jedoch nur einen geringen Anteil an der Papierproduktion aus. Überwiegend kommt Holz aus anderen Ländern zum Einsatz, vor allem aus brasilianischen Plantagen.

Holz besteht rund zur Hälfte aus Zellulosefasern (Zellstoff), daneben kommen Lignin und Hemicellulose vor. Für die Herstellung von Papier wird hauptsächlich Zellstoff verwendet. Das Herauslösen der Fasern aus dem Holz und die Produktion von Zellstoff ist der aufwändigste, energie- und wasserintensivste Schritt der Papierherstellung. Außerdem wird Holzstoff gewonnen, der aber eine wirtschaftlich geringere Bedeutung hat.

 

Gewinnung von Zell- und Holzstoff

Das entrindete und zu Hackschnitzeln zerkleinerte Holz wird über mehrere Stunden in Lösemitteln wie Natronlauge und Natriumsulfat (Sulfatverfahren) oder anderen Schwefelverbindungen (Sulfitverfahren) bei hohen Temperaturen gekocht. Hauptsächlich wird das alkalische Sulfatverfahren verwendet, das saure Sulfitverfahren kommt seltener zum Einsatz. Lignin und Hemicellulose werden in dem Prozess herausgelöst und die Zellulosefasern freigesetzt. Sie werden als Zellstoff bezeichnet, der als sogenannte Primärfaser bzw. Frischfaser in weiteren Schritten zu Papier verarbeitet wird. Dieses Papier wird häufig als „holzfrei“ bezeichnet. Das ist irreführend, da Papier aus Holz hergestellt wird. Damit ist jedoch gemeint, dass es kein Lignin enthält, das früher als Holzstoff bezeichnet wurde. Daher wäre der Begriff „holzstofffrei“ zutreffender.

Bei dem physikalischen Verfahren werden Lignin und Hemicellulose dagegen nicht entfernt. Das Holz wird unter Zugabe von Wasser und zum Teil unter hohem Druck mechanisch zerrieben. Die auf diese Weise entstandenen Fasern werden als Holzstoff bezeichnet, der ebenfalls eine Primärfaser darstellt.

Zwar ist bei der Holzstoffproduktion die Ausbeute mit nahezu 100 Prozent höher als bei der Zellstoffgewinnung, aber die Qualität der daraus hergestellten Papiere ist schlechter. Sie sind brüchiger und vergilben rascher. Daher werden daraus hauptsächlich besonders kurzlebige Produkte hergestellt, z. B. Werbebeilagen oder Magazinpapiere. Sie können den Hinweis „holzhaltig“ tragen.

 

Herkunft Zellstoff

Der Zellstoff, der in Deutschland zu Papier weiterverarbeitet wird, wird zu ca. 75 Prozent importiert, der Rest wird durch die inländische Produktion gedeckt. Der Löwenanteil des Zellstoffs stammt aus Brasilien, gefolgt von Finnland und Schweden. Weitere Lieferanten sind u. a. Portugal, Spanien, Uruguay und Chile. Die Importe belaufen sich insgesamt auf über drei Millionen Tonnen.

Die Zellstoffproduktion ist in den Erzeugerländern zum Teil mit erheblichen ökologischen und sozialen Problemen verbunden. Vor allem in Südamerika, aber auch in Asien werden dafür die ursprünglichen, naturnahen Wälder mit einer großen Artenvielfalt abgeholzt. An ihre Stelle treten riesige Monokulturflächen, die negative Folgen für Umwelt, Mensch und Klima haben. Auf diese Weise wird die Lebensgrundlage von zahlreichen Menschen, Pflanzen und Tieren zerstört.

In einigen Ländern mussten ursprüngliche Waldgebiete weichen, um intensiver bewirtschaften Waldflächen Platz zu machen, beispielsweise in Schweden und Finnland. In Portugal und Spanien wurde die traditionelle Landwirtschaft mit Olivenbäumen und Korkeichen durch weitläufige Eukalyptus- und Kiefernplantagen für die Papierproduktion verdrängt.

 

Vom Zellstoff zum Papier

Die Frischfasern werden in den weiteren Produktionsschritten mit großen Mengen Wasser im Verhältnis 99:1 sehr stark verdünnt. Hinzu kommen Hilfsstoffe wie Stärke oder Leimstoffe wie Kunststoffe und Wachse. Sie sollen die Festigkeit erhöhen oder verhindern, dass Tinte und Druckfarbe zu stark in das Papier eindringen. Füllstoffe wie Kreide oder Porzellanerde verleihen dem Papier Weiße, Dichte und Glätte. Mit dem Einsatz von Hilfs- und Füllstoffen lassen sich zudem Zellstoff und somit Kosten einsparen.

Aus dem Gemisch von Wasser, Zellstoff, Hilfs- und Füllstoffen entstehen in der Papiermaschine breite Papierbahnen. Das Wasser fließt ab, die Reste werden abgesaugt und zwischen Walzen herausgepresst. Zusätzlich sorgen beheizte Zylinder dafür, dass die verbliebene Feuchtigkeit bis auf wenige Prozent verdunstet. Anschließend wird die Oberfläche durch Stahlwalzen geglättet. Die fertigen Papierbahnen werden aufgerollt oder in Form von Bögen gebündelt. In weiteren Arbeitsschritten werden daraus unterschiedliche Papierprodukte hergestellt. 

Die Produktion von grafischen Papieren, Papieren für Verpackungen und Hygienepapieren verläuft im Prinzip ähnlich, für Hygienepapiere werden jedoch spezielle Papiermaschinen verwendet.

Papier, Karton und Pappe unterscheiden sich in ihrem Gewicht, das in Milligramm pro Quadratmeter (mg/m2) angegeben wird. Papier ist mit bis zu 150 mg/m2 am leichtesten, Pappe hat mit über 600 mg/m2 am meisten Gewicht und Karton nimmt mit 250 bis 500 mg/m2 eine Mittelstellung ein. 

 

Bleichmittel

Zellstoff wird häufig gebleicht, damit die Papiere weißer sind und sich mit der Zeit nicht verfärben. Früher wurde dafür Chlorbleiche mit reinem (elementarem) Chlor eingesetzt. Bei dem Prozess bilden sich verschiedene Chlorverbindungen, u. a. hochgiftige Dioxine. Sie sind schwer abbaubar und reichern sich in der Umwelt an. Zudem wirken sie schädigend auf Nerven, Hormonhaushalt, Immunsystem und Fortpflanzung. Manche Dioxine gelten als krebserregend oder stehen in dem Verdacht, krebserregend zu sein. Seit Ende der 1980er Jahre ist Chlorbleiche aufgrund ihrer giftigen, umwelt- und gesundheitsschädigenden Wirkungen in Deutschland und anderen europäischen Ländern verboten.

Als Alternative wird die sogenannte ECF-Bleiche verwendet, die frei von elementarem Chlor ist. Sie enthält stattdessen andere Chlorverbindungen wie Chlordioxid oder Hypochlorit. Im Vergleich mit reinem Chlor ist sie umweltverträglicher, da sie erheblich weniger Dioxine und andere chlorhaltige Verbindungen freisetzt. Dennoch lassen sich negative Auswirkungen auf die Umwelt auch hierbei nicht vollständig vermeiden.

Ökologisch vorteilhafter ist die TCF-Bleiche (totally chlorine free). Sie verzichtet vollkommen auf Chlorverbindungen und setzt stattdessen auf Sauerstoff, Ozon oder Wasserstoffperoxid. Die Umwelteffekte dieses Verfahrens sind ausgesprochen gering. Jedoch wird TCF nur in geringem Umfang verwendet, der Anteil liegt aktuell weltweit bei fünf Prozent. Die Elementarchlorfreie Bleiche (ECF) wird mit 90 Prozent am häufigsten eingesetzt, fünf Prozent entfallen auf die Chlorbleiche mit elementarem Chlor.

Hinweise auf Papierprodukten wie „chlorfrei gebleicht“ beziehen sich in den meisten Fällen auf elementares Chlor und schließen andere Chlorverbindungen nicht aus. Dagegen weist die Bezeichnung „100 % chlorfrei gebleicht“ darauf hin, dass kein Chlor oder chlorhaltige Verbindungen verwendet wurden.