Rohstoff Altpapier

Die Herstellung von Recyclingpapier aus Altpapier kommt ohne den Einsatz von Holz aus, da die aufwendige Frischfaser-Produktion wegfällt. Die Fasern liegen bereits vor und müssen nicht mühsam aus dem Holz herausgelöst werden. Durch das Recycling können sie etwa siebenmal und sogar noch häufiger wiederverwendet werden. In den Altpapiercontainern oder -tonnen landen 76 Prozent des in Deutschland verbrauchten Papiers, die wiederverwertet werden können.

 

Vom Altpapier zum Papier

Vor der Verarbeitung des Altpapiers erfolgt eine Eingangskontrolle der verschiedenen gesammelten Papiere, Pappen und Kartons. Die Produkte werden zunächst automatisiert und später per Hand sortiert, um Sorten mit ähnlichen Eigenschaften zu gewinnen. Die Altpapiersorten unterscheiden sich in der Qualität ihrer Fasern, der Zusammensetzung und im Gehalt an Störstoffen, d. h. Papieren, Pappen und Kartons, die für die Verwertung ungeeignet sind sowie papierfremden Bestandteilen wie Kunststoff, Holz, Metall, Glas, Textilien und Sand. Das Altpapier wird zerkleinert und in Wasser gelöst. Der Faserbrei wird durch Sieben und Schleudern von Verunreinigungen wie Heftklammern, Rückenleimungen und Kunststoffklebestreifen befreit. Zu kurze Fasern werden bei diesem Schritt ebenfalls entfernt.

Im nächsten Schritt, dem sogenannten Deinking (englisch für Entfärben), werden die Druckfarben aus den Papieren gewaschen. Dafür wird die Masse erhitzt und mit Chemikalien versetzt. Zum Einsatz kommen Natronlauge, Wasserstoffperoxid, Wasserglas (Natrium- oder Kaliumsilikat) und Tenside. Natronlauge bewirkt, dass die Papierfasern quellen und fördert die Herauslösung der Farben. Wasserstoffperoxid hat eine bleichende Wirkung und zerfällt im Anschluss in Wasser und Sauerstoff. Damit dieser Zerfall nicht zu schnell erfolgt, wird Wasserglas eingesetzt, um das Wasserstoffperoxid zu stabilisieren. Tenside wie Seifen binden die gelösten Farbteilchen, die dann zusammen mit dem entstandenen Schaum an der Oberfläche abgeschöpft werden können. Die auf diese Weise gewonnenen Fasern werden als Sekundärfasern bezeichnet.

Wie bei der Papierherstellung aus Zellstoff werden dem Faserbrei ebenfalls Hilfs- bzw. Füllstoffe zugesetzt, er wird stark mit Wasser verdünnt (Verhältnis 99:1), auf breite Bahnen verteilt und getrocknet. Recyceltes Papier besteht nicht immer zu 100 Prozent aus Altpapier. Zum Teil werden die Sekundärfasern mit frischen Fasern (Primärfasern) vermengt, um dem Papier bestimmte Eigenschaften zu geben.

 

Umweltvorteile

Recyclingpapier ist deutlich umweltfreundlicher und verbraucht weniger Ressourcen als Papier, das aus Frischfasern hergestellt wurde. Nach Angaben der aktualisierten Ökobilanz für grafische Papiere des Umweltbundesamtes benötigt die Papierherstellung aus Altpapier nur rund ein Viertel der Wasser- und ein Drittel der Energiemenge. Gleichzeitig verursacht sie weniger Kohlendioxid (CO2), Abfall und Schadstoffe, die Luft und Gewässer belasten.

Im Durchschnitt werden bei der Herstellung von Recyclingpapier 78 Prozent Wasser, 68 Prozent Energie und 15 Prozent CO2-Emissionen eingespart. Beispielhafte Berechnungen der Initiative Pro Recyclingpapier zeigen die Einsparpotentiale auf. Sie beziehen sich auf 500 Blatt Papier, das entspricht einer handelsüblichen Packung Kopierpapier und wiegt 2,5 Kilogramm. Um diese 500 Blatt als Frischfaserpapier herzustellen, werden 125,6 Liter Wasser, 32,4 Kilowattstunden Energie und 7,5 Kilogramm Holz benötigt. Der Ausstoß von CO2 liegt bei 2,4 Kilogramm. Für die Produktion der gleichen Menge Recyclingpapier kommen 27,9 Liter Wasser, 10,4 Kilowattstunden Energie und 2,8 Kilogramm Altpapier zum Einsatz. Dabei entstehen 2 Kilogramm CO2.

Die Unterschiede bei den CO2-Emissionen sind weniger stark ausgeprägt als bei Wasser und Energie. Da die bei der Zellstoffherstellung herausgelösten Fasern (Lignin und Hemicellulose) in dem Prozess als Energieträger eingesetzt werden, kommen weniger fossile Energieträger zum Einsatz. Die Kochlauge wird in Rückgewinnungsanlagen eingedickt und verbrannt. 

 

Entlastung der Wälder

Die Vorteile von Recyclingpapier für Umwelt und Klima zeigen sich in weiteren, jedoch nicht unmittelbar messbaren Aspekten. Da für seine Herstellung kein Holz benötigt wird, werden die Waldbestände geschont. Die Ökosysteme der Wälder profitieren nachweislich, wenn geringere Mengen an Holz entnommen werden. So zeigten Untersuchungen, dass die biologische Vielfalt bei einer weniger intensiveren Nutzung der Wälder eher geschont wird. Gleichzeitig verbleibt mehr von dem gespeicherten Kohlenstoff in den Wäldern und wird nicht in Form von klimaschädlichem Kohlendioxid freigesetzt. Und schließlich sinkt mit dem Bedarf an Holz das Risiko, dass Primärwälder abgeholzt werden und an ihrer Stelle bewirtschaftete Wälder oder Plantagen mit Monokulturen für die weitere Holzgewinnung entstehen.