Titandioxid in Kosmetik und Körperpflegeprodukten

10.06.2022. Titandioxid wird in vielen Produkten des täglichen Lebens verwendet, wie zum Beispiel in Farben und Lacken, Arzneimitteln oder Lebensmitteln. Auch Kosmetika können Titandioxid enthalten. Die Europäische Kommission hat den Stoff mit Wirkung ab August 2022 in Lebensmitteln verboten. Was bedeutet das für kosmetische Produkte, die Titandioxid enthalten? Das Webportal haut.de sprach mit dem Chemiker Dr. Jens Burfeindt.

haut.de: Warum wird Titandioxid in Lebensmitteln verboten? Hat dieses Verbot auch Auswirkungen auf kosmetische Produkte?

Dr. Jens Burfeindt: Nein. Dieses Verbot betrifft nicht kosmetische Produkte, sondern bezieht sich ausschließlich auf Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff. Titandioxid wurde durch die Europäische Kommission verboten, weil die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA (European Food Safety Authority) Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff neu bewertet hatte. Bei ihrer aktuellen Bewertung waren die Experten der EFSA zu dem Schluss gekommen, dass Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht länger als sicher angesehen werden könne. Die EFSA begründet dies damit, dass sie nicht ausschließen kann, dass Titandioxid-Partikel nach dem Verzehr genotoxisch seien – also Veränderungen im genetischen Material der Zellen auslösen können. Die EU-Kommission hat hierauf im Januar 2022 ein Verbot für den Zusatzstoff Titandioxid in Lebensmitteln erlassen.

Die EFSA betont ausdrücklich, dass die Bewertung von Titandioxid nur für Lebensmittelzusatzstoffe und nicht für andere Verwendungen gilt. Der Einsatz von Titandioxid in Kosmetik ist davon nicht unmittelbar betroffen. Nichtsdestotrotz nehmen die Hersteller die von der EFSA vorgenommene Bewertung von Titandioxid für Lebensmittelzusatzstoffe sehr ernst und verfolgen die wissenschaftliche Diskussion weiterhin sehr aufmerksam.

haut.de: In welchen kosmetischen Produkten ist Titandioxid enthalten und welche Funktion übernimmt der Stoff in diesen Kosmetika?

Dr. Jens Burfeindt: Titandioxid wird in den verschiedensten kosmetischen Produkten eingesetzt. Beispielsweise in Hautpflegeprodukten und in dekorativer Kosmetik als Weißpigment, wie in Make-up oder Lippenstiften. Auch in Zahncremes wird der Stoff verwendet. In Sonnenschutzmitteln ist Titandioxid als UV-Filter-Pigment zugelassen. Indem die Partikel die UV-Strahlen der Sonne streuen und absorbieren, wird die Haut vor den schädlichen Folgen der UV-Strahlen wie vorzeitiger Hautalterung oder gefährlichen Hauterkrankungen geschützt.

haut.de: Wie gewährleisten die Kosmetikhersteller, dass Produkte, die Titandioxid enthalten, sicher für Verbraucherinnen und Verbraucher sind?

Dr. Jens Burfeindt: Die Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher hat für die Kosmetikindustrie oberste Priorität. Es ist das Anliegen der Hersteller, nur sichere und wirksame Produkte anzubieten. Das wird durch eine umfangreiche europäische Gesetzgebung und die Sicherheitsbewertungen der Hersteller gewährleistet.

So sorgen die strengen Sicherheitsbewertungen der Hersteller dafür, dass auch das in Zahncremes enthaltene Titandioxid keine gesundheitliche Gefährdung darstellt – selbst im Falle des Verschluckens kleinerer Mengen. Und auch bei der Verwendung von Titandioxid in Lippenstiften wird durch eine entsprechende Rohstoffauswahl und die Sicherheitsbewertung gewährleistet, dass die verschluckten Mengen gesundheitlich unbedenklich sind. Da Titandioxid erwiesenermaßen nicht durch die Haut dringen kann – auch nicht in Form von Nanopartikeln –, sind auch Produkte wie Cremes, Make-up oder Sonnenschutzmittel, die den Stoff enthalten, in der Anwendung sicher.

haut.de: Welche gesetzlichen Regelungen gibt es?

Dr. Jens Burfeindt: In der EU gilt die EG-Kosmetik-Verordnung. Die sehr strenge Gesetzgebung sorgt dafür, dass alle kosmetischen Produkte in Deutschland sicher sind. Hierzu tragen auch die unabhängigen Experten und Expertinnen des Wissenschaftlichen Ausschusses „Verbrauchersicherheit“ der EU (Scientific Committee on Consumer Safety, SCCS) bei. Sie bewerten kosmetische Inhaltsstoffe anhand aktueller wissenschaftlicher Untersuchungen und Studien. Auf Basis ihrer Empfehlungen entscheidet der Gesetzgeber über die Zulassung oder Beschränkung kosmetischer Inhaltsstoffe. Bei potenziellen Risiken schauen die Experten des SCCS sehr genau hin und entscheiden, ob ein Stoff verboten werden sollte oder innerhalb bestimmter Konzentrationsgrenzen verwendet werden darf.

Titandioxid ist in der EG-Kosmetik-Verordnung ausdrücklich zugelassen. Das SCCS hat Titandioxid in kosmetischen Produkten im Rahmen bestimmter Einsatzbereiche und Reinheitsanforderungen mehrfach als sicher bewertet.

haut.de: Wie geht es jetzt weiter? Gibt es Bestrebungen, den Stoff in einigen kosmetischen Produkten auszutauschen, wie zum Beispiel in Lippenstiften oder Zahnpasta?

Dr. Jens Burfeindt: Cosmetics Europe, der europäische Dachverband der Kosmetikindustrie, stellt derzeit aktuelle wissenschaftliche Daten zur Verwendung von Titandioxid speziell in kosmetischen Produkten, die auch verschluckt werden können, zusammen, um sie zeitnah dem SCCS vorzulegen. Die Hersteller sind nach wie vor davon überzeugt, dass alle kosmetischen Produkte, die Titandioxid enthalten, sicher sind und sehen daher keinen grundsätzlichen Anlass, Titandioxid in bestimmten Produkten nicht mehr zu verwenden.